27. - 30. März 2025 Leipziger Buchmesse
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Dazwischen

Leben mit zwei Kulturen

15:30 - 16:00 Uhr Fr. 28. März
Veranstalter: Spurbuchverlag GmbH & Co. KG

Kurzbeschreibung

Jedes Leben ist ein kleiner Roman.
Zumal eines mit zwei Kulturen.

Beschreibung

Wie ist es, Deutsche und Französin zu sein – pardon, Deutsche und Bretonin?
Das Folgende ist meine Antwort.

Prolog oder Heimat im Anderen

Die vielleicht größte Liebe meines Lebens ist eine platonische Liebe gewesen. Es war eine Liebe, wie man nicht meint, dass es sie wirklich geben könnte. Sie beruhte auf einer Übereinstimmung der Denk- und Fühlweisen, die überaus erstaunlich war, denn nichts in unseren Herkünften vermochte dieses, was man romantisch eine „Seelenverwandtschaft“ nennen müsste, zu erklären – dieser Mensch war nicht einmal zu einem Viertel, Achtel oder gar Sech- zehntel Franzose, geschweige denn Bretone! Und doch. Und doch verstanden wir uns mit einer Vertrautheit, die immer wieder aufs Neue verblüffend war, und bezaubernd, beglückend. Freilich, wie eine Bekannte von mir einmal zu „echten“ Affären (keine platoni- schen Verbundenheiten) erklärt hatte: „Der Vorteil ist der, dass man ihnen die Unterhosen nicht waschen muss. Das tun die Ehefrauen.“ Was sie meinte: Kein prosaisches Alltagsleben konnte ihre echte Af- färe stören, die Leidenschaft mindern. Und ja, auch meine plato- nische Liebe war von prosaischen Alltagsdingen unbeschadet. Und doch war diese Liebe eine so besondere – wenn auch unmögliche –, dass ich denke, sogar der Alltag hätte sie nicht zerstören können.

Einmal war ich in der Bretagne, es war Sommer. Ich hatte von einem großen Unglück erfahren, das ihm, dem Menschen, den ich liebte, widerfahren war. Es war damals noch schwer, mit dem Han- dy im Finistère, buchstäblich am finis terra, dem Ende der Welt, Empfang zu finden. Im Haus, im Dorf war förmlich Funkstille. Es war auf einem Spaziergang durch die Natur, dass ich, auf einer Anhöhe, bei ihm anrufen konnte. Seltsam, die Verbindung war an dieser einen Stelle, von der ich mich nicht fortbewegen durfte, so gut, dass wir unsere Stimmen ganz klar und deutlich hörten. „Du klingst so nah“, sagte er. Und es war das Gefühl dieser großen, dieser überwältigenden Nähe, dass ihm in diesem schwierigen Moment etwas Halt und Trost gab. So war es zwischen uns immer. Räumlich die Ferne; aber innerlich ganz nah. Und jedes Mal, ja noch immer, wenn ich seine Stimme höre, fühle ich mich ein bisschen wie eine Rückkehrende nachhaus‘.
Man versucht nämlich immer, ein Zuhause im Anderen zu finden, wenn man schwimmend zwischen zwei Heimaten lebt.

Mitwirkende

Informationen zum Programm

Veranstaltungsort

Forum Literatur Halle 2  (Halle 2, Stand F400)